„СРБИЈА МОРА ДА ПОВРАТИ СВОЈ СУВЕРЕНИТЕТ“

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"СРБИЈА МОРА ДА ПОВРАТИ СВОЈ СУВЕРЕНИТЕТ"

Разговор са Владимиром Кршљанином, председником Народног покрета
Србије. О колаборацији социјалиста у Београду са Западом, о правом
патриотизму и о србофобији Европске Уније.

Јунге Велт, 25. 4. 2009. (на немачком)


»Serbien muß seine Souveränität zurückgewinnen«
Gespräch mit Vladimir Krsljanin. Über die Kollaboration der Sozialisten in Belgrad mit dem Westen, wahren Patriotismus und die Serbophobie der EU
Interview: Werner Pirker

Vladimir Krsljanin war ein enger Berater des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und ist Mitgründer der Volksbewegung Serbiens (Narodni Pokret Srbije)

Was bedeutet die gegenwärtige serbische Regierungskoalition zwischen den Todfeinden von einst, den prowestlichen Liberalen und der Sozialistischen Partei Serbiens, für die patriotischen Kräfte des Landes?
Nach nahezu zehn Jahren westlicher Dominanz, die man auch als eine Form der Okkupation bezeichnen könnte, sind die wesentlichen politischen Kräfte in Serbien mehr oder wenig unter direkten westlichen Einfluß geraten. Das läßt sich an zwei wichtigen Ereignissen festmachen. Das ist zum einen die Verfälschung des Wählerwillens nach den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr, als allgemein erwartet wurde, daß es zu einer Regierung der patriotischen Kräfte, das heißt einer Koalition zwischen der Demokratischen Partei Serbiens von Vojislav Kostunica, der Radikalen Partei und der Sozialistischen Partei, kommen würde. Zur Überraschung aller gingen die Sozialisten aber eine Koalition mit der prowestlichen Demokratischen Partei von Präsident Boris Tadic ein. Die Situation hat sich für das patriotische Lager noch weiter dramatisch verschlechtert, als es unter dem Eindruck dieser Regierungsbildung zu einer Spaltung der Radikalen Partei in einen antiwestlichen, Vojislav Sesel weiterhin ergebenen Flügel und einen Flügel, der sich um einiges weniger radikal positioniert, kam. Damit ist den westlichen Geheimdiensten vorerst der Beweis gelungen, jegliche sich im Rahmen des sogenannten demokratischen Systems vollziehende positive Entwicklung in Serbien verhindern zu können.

Der Westen hatte bei den Präsidentenwahlen 2000 den erklärten Nationalisten Vojislav Kostunica gegen den Sozialisten Slobodan Milosevic ins Rennen geschickt. Nun stellt sich die Situation umgekehrt dar. Die prowestlichen Kräfte können nur im Bündnis mit der von Milosevic gegründeten Sozialistischen Partei die Nationalisten von der Regierung fernhalten. Wie ist Kostunicas Rolle gegenwärtig einzuschätzen?
Als Person verfolgt er ernsthafte patriotische Absichten. Aus seinem Bildungsweg als Intellektueller ergibt sich aber sowohl eine gewisse prowestliche Haltung als auch eine gewisse Verwurzelung in der slawophilen, die Verbundenheit mit Rußland betonenden Tradition. Seine Partei ist voll mit solchen Leuten. Prowestlich und patriotisch zu sein, das sollte in einem Land wie Serbien eigentlich ein Widerspruch sein. Aber dem ist nicht unbedingt so: Ein russischer Analyst, der über die Möglichkeit einer »bunten Revolution« in Rußland nachdachte, kam zu dem Schluß, daß eine solche in seinem Land nicht stattfinden könne. Warum? In allen Länder, wo eine solche sogenannte Revolution stattfand, argumentierte er, ob in Serbien, der Ukraine oder Georgien habe der Erfolg auf dem Vorhandensein prowestlicher Patrioten beruht. In Rußland wäre ein solches Phänomen aber undenkbar. Dort ist ein Westler kein Patriot und ein Patriot kein Westler. Deshalb meine ich, daß man sich vom prowestlichen Patrioten Kostunica nicht allzuviel erwarten darf. Ich könnte ihn mir als Partner in einer künftigen patriotischen Regierung zwar vorstellen, doch ist diese theoretische Möglichkeit in naher Zukunft kaum in die Praxis umzusetzen.

Auf der von der Volksbewegung Serbiens veranstalteten Kundgebung zum zehnten Jahrestag des NATO-Überfalls auf Jugoslawien kam es während der Rede von Mihajlo Markovic, einem linken Philosophen, bei einem Teil der Zuhörer zu antikommunistischen Ausfällen. War das nur das Werk von Provokateuren oder nicht doch Ausdruck der Unverträglichkeit von Ultranationalisten und sozialistisch orientierten Kräften?
In diesem Fall hat es sich um eine Provokation gehandelt. Als wir die Kundgebung vorbereitet und dabei unterschiedliche patriotische Gruppierungen kontaktiert haben, konnten wir eine große Offenheit und die Bereitschaft, unterschiedliche ideologische Positionen zu tolerieren, feststellen. Es herrschte große Übereinstimmung in dem Bestreben, eine einheitliche Kraft zu formen, die sich die Aufgabe stellt, unsere nationale Souveränität zurückzugewinnen.

Zugleich müssen wir uns vergegenwärtigen, daß die politischen Trennlinien, wie sie in allen Ländern bekannt sind, auch in Serbien vorhanden sind. Besonders in Serbien. Über Jahrhunderte hinweg haben sich politische Spaltungen in meinem Land schmerzhafter ausgewirkt als in vielen anderen Ländern. Die Feinde Serbiens wissen das und betreiben mit unserer Unfähigkeit zur Herstellung der nationalen Einheit ihr intrigantes politisches Spiel.

Wie kam es zur Gründung der Volksbewegung Serbiens und welche politischen Absichten verfolgt sie?

Die Gründung erfolge vor ungefähr einem Jahr. Es ging uns um die Sammlung von Kräften, die sich vom existierenden Parteienspektrum distanzieren. Ein großer Teil der Bevölkerung, darunter auch der gebildeten Schichten, ist sich dessen bewußt, daß alle großen Parteien korrupt sind und ihren Mitgliedern keine Voraussetzungen für ehrliches politisches Engagement bieten. Andererseits war es um die Qualität des politischen Spitzenpersonals noch nie so schlecht bestellt, wie das zur Zeit der Fall ist. Qualifizierte Kräfte sind bar jeden politischen Einflusses, während minderqualifizierte und charakterlose Leute alles beherrschen. Das muß früher oder später zu politischer Instabilität führen. Wenn es nicht gelingt, wenigsten einen Teil der schweigenden Mehrheit der Patrioten in Bewegung zu bringen und zu ermutigen, wird es in diesem Land keinen Fortschritt geben. Wir brauchen qualifizierte, patriotisch gesinnte Menschen in den staatlichen Institutionen, in der Wirtschaft und allen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Zuerst einmal müssen sie aber wieder für die Beteiligung an politischen Auseinandersetzungen gewonnen werden.

Angesichts der Krise des Parteiensystems haben wir nach einem völlig neuen politischen Ansatz gesucht. Wir gründeten eine formal als bürgerschaftliche Vereinigung eingetragene Bewegung mit einem hohen Grad von Autonomie für die individuelle und kollektive Mitglieder. Ohne traditionelle Parteidisziplin und ohne die traditionelle Form der Mitgliedschaft. Es handelt sich um eine Beziehung zwischen Alliierten, deren Verbundenheit sich aus dem gemeinsamen Kampf ergibt. Die vier Programmpunkte der Volksbewegung Serbiens zielen auf die Befreiung unseres Landes und auf nichts darüber hinaus. Die Kundgebung zum Jahrestag des Beginns des NATO-Überfalls war unsere erste große öffentliche Veranstaltung. Daran haben mehrere tausend Menschen teilgenommen, was in der gegenwärtigen Phase des nationalen Niedergangs als Erfolg zu werten ist.

Wir wissen, daß wir in naher Zukunft nicht ins Parlament einziehen werden. Gegenwärtig schwer vorstellbar ist auch, daß wir ein Bündnis mit einer Partei eingehen, die unserer Agenda zustimmt. Das ist Zukunftsmusik. Unser Interesse ist nicht auf eine Machtbeteiligung gerichtet. Unser Interesse ist eine Veränderung der politischen Situation in Serbien. Wir streben eine neue Qualität des politischen Kampfes an, die es möglich macht, die Kolonisierung Serbiens abzuwehren.

Zum Jahrestag der NATO-Aggression fand neben der Kundgebung auch eine Konferenz des» Belgrader Forums für eine Welt der Gleichen« statt. Die Milieus auf beiden Veranstaltungen waren recht unterschiedlich. Viele nationalistisch radikalisierte Jugendliche auf der Kundgebung, der sozialistische Adel auf der Konferenz.
Man sollte hier keinen Gegensatz konstruieren. Das Belgrader Forum war mehr der historischen Aufarbeitung des Krieges gegen Jugoslawien gewidmet. Die Kundgebung aber sandte ein politisches Signal. Für die Moral des serbischen Volkes war es enorm wichtig zu sehen, daß es noch eine Kraft gibt, die öffentlich fordert, daß Serbien seine nationale Selbstblockade aufhebt und die NATO nicht ins Land läßt. Und daß dies nicht bloß der verzweifelte Wunsch eines seiner Selbstbestimmung beraubten, zur Niederlage verdammten Volkes ist, sondern ein erreichbares Ziel. Dafür spricht erstens die Krise im Westen, die sich früher oder später auch als eine Krise des prowestlichen Regimes äußern wird, und zweitens die Bereitschaft Rußlands, die serbischen Interessen in dem Ausmaß zu unterstützen, in dem Serbien selbst bereit ist, für sie zu kämpfen.

Die Regierung in Belgrad und ein großer Teil der serbischen Bevölkerung erhoffen sich durch einen EU-Beitritt eine Verbesserung der Stellung Serbiens in der internationalen Arena. Tatsache aber ist, daß noch bevor Serbien in der EU ist, die EU bereits in Serbien ist – als Besatzungsmacht im Kosovo. Das gleiche gilt auch für die NATO.
Es ist Ihnen vielleicht aufgefallen, daß auf der Kundgebung am Platz der Republik die Fahne der Europäischen Union verbrannt wurde und der Sprechchor ertönte: Wir brauchen die EU-Bande nicht, weil Rußland mit uns ist. Dieser antiwestlichen Position haben sich auch viele Redner angeschlossen. Darunter der russische General Leonid Iwaschow, dessen Truppen den Flughafen von Pristina noch vor der NATO besetzt hatten und der deshalb in Serbien den Status eines Helden genießt. Die Pro-EU-Propaganda, wie sie von fast allen Parteien und den Medien betrieben wird, stößt immer öfter auf Widerrede. Im Gegensatz zur ablehnenden Haltung der serbischen Bevölkerung gegenüber der NATO fand früher die auf einen EU-Beitritt zielende Politik der offiziellen Stellen große Zustimmung. Die Ablehnung der NATO sei berechtigt, da sie uns bombardiert habe, nicht aber eine ablehnende Haltung gegenüber der EU, da dieser fast alle europäischen Länder angehörten und Serbien nicht ewig außerhalb Europas verweilen könne, lauteten die den Leuten eingebleuten Stereotype.

Diese mehrheitlich vertretene Einstellung hat sich geändert, als die Rolle der Europäischen Union bei der Abspaltung des Kosovos von Serbien deutlich wurde. Die Opposition zur EU ist vor allem unter der Jugend im Wachsen begriffen, was sich auch bei unserer Kundgebung bemerkbar gemacht hat. Wir sind der Meinung, daß ein Beitritt Serbiens sowohl zur NATO als auch zur EU in deren gegenwärtigem Zustand mit den nationalen Interessen unseres Landes absolut unvereinbar wäre. Alle Versuche der Regierung in Belgrad, sich, wie es heißt, der Europäischen Union und den europäischen Standards anzunähern, sind der nationalen Entwicklung absolut abträglich: in der Wirtschaft, hinsichtlich des Lebensstandards und auch bezüglich der Stellung Serbiens in der Welt. Der Kolonisierungsprozeß würde bei einem EU-Beitritt nicht aufgehalten, sondern beschleunigt werden.

Serbien muß seine Souveränität zurückgewinnen, seine Volkswirtschaft reorganisieren. Und erst nach einer Phase eigenständiger Entwicklung kann es neue Formen der Zusammenarbeit eingehen und auch sein Verhältnis zur EU auf gleicher Augenhöhe neu gestalten. Aber was wird bis dahin aus der EU geworden sein? Gegenwärtig macht sie nicht den Eindruck, als könnte sie die Probleme, die sich aus der internationalen Finanzkrise ergeben, in den Griff bekommen.

Der Sozialistischen Partei Serbiens oblag die Entscheidung, ob in Belgrad eine patriotische oder eine proeuropäische Regierung installiert wird. Sie hat sich für letztere entschieden. Aber kann sie in diesem Kabinett wenigstens eine positive Rolle spielen, das heißt eine Barriere gegen die völlige Auslieferung an den Westen bilden?
Bis zu einer bestimmten Grenze kann sie es. Die ist aber sehr eng gezogen, weshalb sich die positiven Einflußmöglichkeiten der SPS-Minister eher im kosmetischen Bereich bewegen. Wenn die Regierung gewisse positive Akzente setzt, wie die Unterzeichnung eines Abkommens mit dem russischen Energiekonzern Gasprom oder generell die Herstellung besserer Beziehungen zu Rußland, dann ist das nicht auf den Einfluß der Sozialisten zurückzuführen. Sondern darauf, daß auch die Liberalen der Demokratischen Partei eingesehen habe: Eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Rußland bringt Serbien mehr als die Kooperation mit dem Westen, die dem Land mehr schadet als nutzt. Nicht nur, weil die Westorientierung seine wirtschaftliche Unabhängigkeit untergräbt, sondern weil sie einzig den westlichen Konzernen Vorteile bringt. Unsere Regierenden haben mit ihrer Annäherung an Rußland keineswegs das Wohl des Volkes im Sinn. Was sie bewegt, ist vielmehr die Angst, die Macht zu verlieren. Das droht ihnen, wenn sie die Bevölkerung durch eine von ihnen herbeigeführte Verschlechterung der Lage gegen sich aufbringen. Sie brauchen positive Ergebnisse, und die Zusammenarbeit mit Rußland liefert solche.

Dabei aber sollte nicht übersehen werden, daß in dieser Annäherung an die Russische Föderation ein beträchtliches Maß an Unaufrichtigkeit steckt. Viele der Offiziellen, die Verträge mit russischen Stellen unterschreiben, erhalten Geld von westlichen Firmen, deren Interessen sie schützen. Diese Politik des doppelten Bodens kann Serbien langfristig nur schaden. Wir brauchen also eine Regierung, die patriotischer und ehrlicher ist als die gegenwärtige. Weil nur eine solche imstande wäre, in Übereinstimmung mit den serbischen Interessen zu regieren und den Bestrebungen der Westmächte zur völligen Unterwerfung Serbiens zu widerstehen.

http://www.jungewelt.de/2009/04-25/004.php?sstr=Krsljanin

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